Fleche Wallone

Nach 87 Km rausche ich am Ortsschild von Stavelot vorbei. Wohlwissend das jetzt der Spaß erst beginnt. Ich schalte aufs kleine Kettenblatt und schon ist der Abzweig erreicht. Der blaue Pfeil zeigt links, ich steuere um die Häuserzeile und schon macht sich die Wand vor mir auf: Cote de Stockeu. Weit und breit kein Fahrer in Sicht. Komplett anders als bei LBL wuchte ich mich die bis zu 19% steile Straße zur Eddy Merckx Statue. Völlig alleine, keine Chance sich an anderen Fahrern zu orientieren. Bei Eddy geht es dieses Mal nicht direkt wieder links ab, sondern weiter bergan. Die Beine schmerzen, die Straße steigt nochmals in den zweistelligen Bereich und ich fange an mich zu verfluchen.

Anfängerfehler zwischen Recht & Bellevaux

Auf diesen 10 Km leistete ausschließlich meine Person Führungsarbeit einer kleineren Gruppe. Die Jungs waren zur mir aufgerollt und nutzten nun meinen Windschatten. Getreu dem Motto „Nur keine Führung übernehmen“ tranken sie, wenn ich trank und nahmen die Beine hoch, wenn ich es tat. Der französichen Sprache war ich nicht mächtig, also zog ich durch. Sehr zur Freude der Jungens, die mich beim Verlassen des Tales gnadenlos stehen ließen. Danke dafür 😦

Vorsicht oberstes Gebot

Der Stockeu und somit Teil 1 von 5 auf den finalen 47 Km erledigt. Ausruhen war leider nicht möglich, forderte doch die Split durchzogene Abfahrt bis zum Fuße des nächsten Anstieges die volle Konzentration. Zum Glück war es trocken und ich überstand die Abfahrt schadlos. Anders als der Kollege frühmorgens. Bereits nach 12 Km auf der Abfahrt vom Rosier lag ein Sportler im Graben, umringt von seinen Mitstreitern und hektisch telefonierendem Servicepersonal. Früh gewarnt war Vorsicht auf den Abfahrten oberste Priorität. Der Kaltstart morgens am Rosier, den ich erstmalig von Norden befahren hatte, war etwas zäh. Die gerade mal 7 Grad und nur knapp 2 Km bis zum Einstieg sorgten bei mir auf der Auffahrt nicht gerade für Wohlbefinden. Der Berg lässt sich bei einstelligen Prozentzahlen zwar gut fahren, aber nicht für mich an diesen Samstag morgen um kurz nach halb 8.

Der nächste Brocken

Nachdem ich die Abfahrt zum Cote du Wanneranval überstanden hatte, türmte sich Teil 2 von 5 vor mir auf. Steigung bis 16 % im angeknocktem Zustand machen nicht wirklich Spaß. Aber auch hier schaffte ich es, beide Steilstücke hinter mir zu lassen und konnte oben im Ort Wanne einen Haken an diesen Anstieg machen. Bergab war mir dieses Teilstück vor 4 Wochen leichter gefallen 😉

Die Landschaft um mich herum war nach wie vor grandios. Wie bereits den gesamten Tag ist die Gegend einfach ein Genuss. Schon am Rosier und der anschließenden Abfahrt ins Tal der Ambleve war absolute Ruhe angesagt. Kleine Straßen ohne Kfz Verkehr, was vermutlich auch an der frühen Tageszeit lag, gepaart mit tollen Wolkenspielen am Himmel, lenkten ordentlich vom Anstieg zum Ancienne Barriere ab. Hier kam ich auf halber Höhe wieder auf bekanntes Terrain. LBL sei Dank. Die folgende Abfahrt und der Cote St. Jaques war in meiner Erinnerung auch noch präsent. Hier traf ich dann endlich auch mal auf andere Radsportler. Endlich mal das Gefühl zu haben, nicht alleine unterwegs zu sein, hat auch etwas positives. Genauso wie die nächsten, von ständigem Auf und Ab geprägten Km bis zur Kontrolle in Vielsam. Hatte ich hier im Jahr 2013 mit Grex im Regen gestanden, war es heuer trocken und leer. Gerade mal 8 Sportler waren an der Verpflegung. Somit gab es zumindest kein Gedränge 😉 Die nächsten Km verliefen genauso weiter. Auf und Ab bis zur beschriebenen Gruppendynamik.

Nach der Abfahrt vom Wanneranval war Trois Ponts schnell erreicht, allerdings ohne richtige Erholung. Ich spürte die Beine und sah bereits vor mir den Abzweig zum Cote de Thier de Coo. Zum Glück in diesem Jahr nur die kurze Variante, die aber alle Steilstücke beinhaltete 🙂 Ich schaltete wieder aus kleine Kettenblatt und sofort ging es los. Ein kleines schmales Sträßchen windet sich zunächst durch den Ort. Erst mit 12%, dann etwas flacher (8%), um sich dann im Wald mit bis zu 17% vor einem aufzustellen. 3 echte Klopper auf 16 Km waren eine echte Nuss. Überhaupt ist dieses Finale beim Fleche das Schwerste, was ich unter die Pneus genommen habe. Hier habe ich mir auch schon in den 90ern die Zähne ausgebissen.

Bekanntes Terrain

Nach der Verpflegung in Stavelot sollte das Finale der Tour folgen. Wie bei LBL zunächst der Haute Levee mit 14% und im Anschluß der Rosier von der Süd Ost Seite mit 12% Steigung. Den Haute Levee erreichten wir über eine alte Bahntrasse. Ein schöner kurzer Abstecher, der uns unmittelbar an das Steilstück brachte. Wurde ich vor 4 Wochen noch von Motorradgeräuschen der nahen Rennstrecke in Francorchamps abgelenkt, war es am Samstag still. Auch der Verkehr war sehr überschaubar. Lag es an den dunklen Wolken am Himmel? Möglich. Am Anstieg lief es jedenfalls nicht mehr so flüssig wie gedacht, aber in dem Wissen das Schlimmste überstanden zu haben, konnte ich bei ordentlichem Gegenwind die Abfahrt zum Rosier unter die Pneus nehmen.

Dann war auch der letzte Anstieg des Tages erreicht. Nochmal 4 Km bergan, um sich zum Abschluß mit 10 Km Abfahrt zu belohnen. Im unteren Teil konnte ich tatsächlich noch einmal das Tempo ein wenig forcieren und war echt erstaunt, was noch möglich war. Dieses Hochgefühl hielt nur kurz an. Der belgische Radprofi >Oliver Naesen< vom Team AG2R Citroen flog bei seiner Trainingsfahrt ganz locker an mir vorbei 😉 Immer wieder schön zu sehen, wie einfach es sein könnte……

Leider fing es 500m vor dem Gipfel an zu regnen. Ich war einfach zu langsam 😉 Das Ganze dauerte zwar nur 5 min, reichte aber, um den ersten Teil der Abfahrt in eine Rutschpartie zu verwandeln. Im weiteren Verlauf war die Straße wieder komplett trocken und auf den letzten Km hinunter nach Spa spürte ich die aufkommende Euphorie. Trotzdem ging ich kein Risiko mehr ein und rollte nach 5:38:23 h Fahrzeit, 135 Km und über 2500 Hm ins Ziel. Wieder mal ein richtig schöner Tag beim >Fleche Wallone<

Hart aber herzlich 🙂