Memories #2
Nach der ersten Teilnahme am Maratona im Jahr 94 stand das darauf folgende Jahr ganz im Zeichen der erneuten Teilnahme. Im Winter hatte ich mich von einem Sportmediziner in Oberhausen testen lassen, um das Training mittels HF und Laktatschwellen erstmals in sinnvolle Bahnen zu lenken. Als Grundlage diente mir das zu dieser Zeit als Radsportbibel bezeichnete Buch von Wolfram Lindner.
Das Training nach Herzfrequenz unter Einhaltung der einzelnen Bereiche gestaltete sich anfangs als recht schwierig. Gerade die langen Grundlageneinheiten fühlten sich oft sehr langsam an, wurde ich doch häufig im Ruhrtal von anderen Sportlern locker überholt 😦 Aber ich hielt dem Druck stand und jagte nicht hinterher 😉 Im Mallorca Trainingslager spulte ich knapp 1200 Km ab, wo ich auch erstmalig intensivere Belastungen vornahm. Der April stand dann fast auschließlich im Zeichen von RTF´s, wo ich mir Tempohärte generierte. Bis zu diesem Zeitpunkt lief es prima.
In den nächsten beiden Monaten spürte ich dann zum ersten Mal den Erfolg des Trainings. Bei Tilff Bastogne Tilff mit 222 Km und 3500 Hm fuhr ich erstmalig einen schweren Marathon mit knackigen Anstiegen kontrolliert nach Puls und wurde im zweiten Teil der Strecke tatsächlich nicht schwächer. Das gab mir Mut für den Maratona.
Vom Rosenheimer Radmarathon ging es direkt nach Corvara ins >Garni Raetia< um die Woche in den Dolomiten noch als Training zu nutzen. Mit jedem Tag stieg die Anspannung, aber auch die Vorfreude. Familie Mussner mit ihrer wundervollen Art unterstütze meine Zielsetzung und sorgte somit für zusätzliche Motivation. Schließlich lag nicht nur der Start keine 200 m vom Quartier, sondern sollte ich auch 2mal direkt an der Haustüre vorbeirauschen 😉
Mit knapp 6400 Km Trainingskilometern und 46000 gefahrenen Höhenmetern stand ich sehr nervös am Start. Von Beginn an lief der Maratona völlig anders, als die Veranstaltung aus dem Vorjahr. Knapp 6700 Teilnehmer machten sich auf den Weg. Am Passo Gardena und Sella überholte mich gefühlt jeder 😦 Mein Blick galt aber meinem Puls. Max 165 war die Vorgabe und um sicher durchzukommen eher noch weniger. So kurbelte ich von Beginn an mit 39/26 und somit auf dem Rettungsring die Pässe hoch. Bereits am Fedaia gelang es mir bei weiterhin sehr lockerer Fahrweise die ersten Mitstreiter wieder einzusammeln. Das motivierte zusätzlich und so setzte sich der Reigen der Überholvorgänge auch am Campolongo fort.

Bei der ersten Durchfahrt von Corvara hatte ich einen Heidenspaß. Es lief einfach super und mein Plan schien zu diesem Zeitpunkt wirklich aufzugehen. Als nächstes stand der Valparola auf dem Plan, wo im Jahr zuvor das Desaster began. Erinnerungen wurden wach, doch war mein Zustand zu diesem Zeitpunkt phänomenal. An Essen und Trinken wurde in ausreichender Form gedacht, der Tank war somit immer noch gut gefüllt. Die folgenden 14 Km bis zur Passhöhe vergingen wie im Flug. Weiterhin sammelte ich Sportler ein. Einige sahen so aus wie ich im Jahr zuvor 😉 Nach der Verpflegung auf der Passhöhe folgte die 10 km lange Abfahrt zum Einstieg in den Passo Giau mit seinen kurzen giftigen 14 % Abschnitten.
120 Km hatte ich bisher in den Beinen und spürte noch immer keine Müdigkeit. Meine Taktik blieb identisch. 26er drauf und kurbeln. An den steileren Abschnitten musste ich dann tatsächlich etwas mehr knautschen, kam aber immer noch deutlich besser voran, als viele meiner Mitstreiter. Im weiteren Verlauf wurde ich mir immer sicherer, die kompletten 176 Km, sowie die 4700 Hm zu schaffen. Was für eine Zahl. Für mich noch immer unfassbar. Oben angekommen, war es wie immer. Verpflegung, Pullen aufüllen und die Abfahrt zügig, aber kontrolliert in Angriff nehmen. Das Buchensteiner Tal war erreicht und somit ging es zum zweiten Mal über den welligen Abschnitt nach Arabba 🙂
Hier war klar, erneut noch mal 4 Km auf den Campolongo und der 7te Pass des Tages wäre auch geschafft. In diesem Jahr ging alles ohne Probleme über die Bühne. Keine Schwäche, ganz das Gegenteil war der Fall und vor allen Dingen kein Lenkerbruch wie im Vorjahr. So rauschte ich ein zweites Mal durch Corvara. Über La Villa ging es wieder nach Pedraces in den Zielhang und nach 9:22:13h war ich im Ziel. Die reine Fahrzeit betrug 8:24:09h und macht deutlich, dass ich mir an den Verpflegungen reichlich Zeit genommen hatte, um mein persönliches Ziel auch zu erreichen. Ich war einfach happy und stolz und längst nicht so kaputt wie erwartet. Mein Plan war komplett aufgegangen und beim gemeinsamen Abendessen mit Wolfgang und Marlies wurde bereits die Teilnahme für das Jahr 96 festgezurrt.
Die Dolomiten, der Maratona und auch Familie Mussner hatten uns in ihren Bann gezogen
Irgendwie passte es zum Jahr 1995, dass ich am Ende der Saison bei der RTF „Rund ums Neandertal“ in Mettmann der Rheinischen Post Rede und Antwort stehen musste 😉
..Ach Teil 2 sehr sehr geil geschrieben und berichtet…leichtes Gänsehautfeeling…besonders das auch Marlies und Wolfgang dabei waren…aber richtig geil das mit dem Zeitungsartikel…und Brigitte auch mit bei der RTF… Chapeau….
Das waren noch wilde Zeiten